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Masterarbeit an der Viadrina schlägt der Wissenschaft ins Gesicht

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Als wir vorgestern über Global Scaling, Herrn Walach und die Viadrina gebloggt haben, war uns zuerst gar nicht bewusst, was für einen Schlag ins Gesicht die dort verlinkte Masterarbeit für jeden Akademiker, die wissenschaftliche Arbeit und jegliche Ethik bedeutet.

Oh, wir hatten schon überlegt, einen eigenen Blogpost dazu zu bringen, da praktisch jede Zeile darin ein WTF?-Erlebnis auslöst. Aber dass es sich im Unterschied zu einem beliebigen Text aus dem Internet, tatsächlich um eine Masterarbeit handelt, haben wir nicht sofort realisiert.

Es geht bei der so genannten Masterarbeit im Wesentlichen um die pseudo-wissenschaftliche Zeit-Theorie des Nikolai Kozyrev und im Speziellen um den so genannten Kozyrev-Spiegel, mit dem es möglich sein soll, Raum-Zeit-Tunnel zu öffnen. Die Links im Text führen in unser Wiki und liefern einen Überblick über den schmerzhaften Unsinn.

Die Masterarbeit spricht aber am besten für sich selbst:

Mein erster Kontakt mit dem Namen Kozyrev stammt aus dem Artikel „Die globale Zeitwelle“ von H. Müller. Er schreibt dort: „Wer lange leben möchte, sollte also seinen Lebensrhythmus nicht zu sehr verlangsamen lassen. Eine weniger konventionelle Art, dem Resonanztod ein Schnippchen zu schlagen entdeckten die russischen Astrophysiker Kosyrev und Nasonov. Sie entwickelten Methoden, die es ermöglichen, den Einfluß der globalen Zeit zu reduzieren oder zu verstärken und so die lokale Zeit künstlich zu komprimieren bzw. zu dekomprimieren.“ (Müller 2000, S. 55)

„Keimlinge, die in einer Kosyrev-Kamera zur Welt kommen, entwickeln sich nicht so wie ihre freien Artgenossen. Kosyrev und Nasonov beobachteten ungewöhnliche Entwicklungsformen, die große Ähnlichkeit mit urzeitlichen Phänotypen hatten.

Ähnliche Beobachtungen machten die Baseler Biophysiker Heinz Schürch und Guido Ebner in ihren Experimenten mit elektrostatischen Feldern. Aus Bachforelleneiern entwickelt sich im starken (100.000 Volt) elektrostatischen Feld eine Urform, die dem wilden Lachs in Größe, Farbgebung und Form sehr nahe kommt. Farne kehren zu ihrer Urform zurück, ebenso Kulturpflanzen wie zum Beispiel der Mais. …

Wahrscheinlicher ist jedoch, daß dieser temporale Effekt, ebenso wie die Funktionsweise der Kosyrev-Kamera nicht auf einer Abschirmung lokaler Wellen vom Einfluß der globalen Zeitwelle beruht (wie bisher vermutet), sondern umgekehrt, die Kosyrev-Kamera bzw. die Metallplatten des Kondensators lokale Zeitwellen kurz schließen, so daß nur noch der Einfluß der globalen Zeitwelle übrig bleibt. Dieser ungestörte Einfluß der globalen Zeit bewirkt die Wiederherstellung des natürlichen Urzustandes bei Bachforellen, Farnen, Getreide u.s.w. Diese Erkenntnisse beweisen, wie begrenzt doch der morphogenetische Einfluß des genetischen Codes ist …“ (Müller 2000, S. 57)

Der als wissenschaftliche Referenz angegebene Hartmut Müller ist inzwischen auf der Flucht, nachdem er im Februar zu 4 Jahren und 5 Monaten Freiheitsentzug verurteilt wurde. Und zwar weil er eben genau den Mist dreist versilbert hat, dem mit dieser Masterarbeit nun auch noch ein wissenschaftlicher Anstrich verpasst werden soll. Anleger haben 5 Millionen Euro in seine Wundertechnologie „investiert“ und schauen nun durch die Finger.

Man muss sich vorstellen: Dieser pseudowissenschaftliche Mumpitz war ernsthaft Thema einer Masterarbeit und nicht nur das. In einem Newsletter, der von Herrn Walach – seines Zeichens Gutachter der Arbeit – herausgegeben wurde, wird die Arbeit als hervorragend bezeichnet.

Auch hervorragende experimentelle Arbeiten waren darunter wie die von Herrn Conrad, der in einem selbstkonzipierten Experiment die Hypothesen Kosyrevs überprüft hat.

Hervor-ragen tut die Arbeit ja – aber nicht alles, was hervor-ragt, ist deswegen gleich positiv:

“Und der Ritter Alexander rutscht hinunter s’ Treppnglander. Unten ragt ein Nagel vor – jetzt singt er im Knabenchor!”
So kann man sich seinen wissenschaftlichen Ruf selbst abschneiden!

Guttenberg war ein Skandal. Und ohne seine Tat verharmlosen zu wollen, ist da doch ein Unterschied. Er hat als Arbeit etwas abgeliefert, was wohl inhaltlich (so einigermaßen) wissenschaftlichen Ansprüchen genügt. Einem Gutachter muss vielleicht nicht sofort auffallen, dass da Passagen abgeschrieben sind.

In diesem Fall aber springt es dem Leser doch sofort ins Gesicht: Komplett unwissenschaftlicher Unfug. Und je länger man darin liest, desto schlimmer wird es. Jeder ernsthafte Gutachter hätte eine solche Arbeit abgelehnt.

In diesem Fall haben die Gutachter jegliche Wissenschaft ignoriert, jeden Anstand über Bord geworfen und damit jedem, der eine ehrliche Masterarbeit abgegeben hat, ins Gesicht gespuckt.

Wen man unseren vorhergehenden Blog liest, erfährt man übrigens, dass Herr Walach heute meint, das ganze “Global Scaling”-Zeug von Müller sei “vollkommener Schmarrn” und er kenne sich damit sowieso nicht aus. Voriges Jahr war er offensichtlich noch ganz anderer Meinung.

Die Annahme dieser Arbeit ist, um es klar zu sagen, eine Frechheit erster Güte.

Dieser Dammbruch der wissenschaftlichen Qualität darf nicht hingenommen werden, es heißt Stellung beziehen. Es ist notwendig (und hier ist jeder von uns und vor allem die Politik gefordert) der Viadrina klar zu machen, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt: „Wissenschaftlichen Mindeststandards genügen oder endlich dichtmachen!“


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